Neurodermitis
Was ist Neurodermitis?
 
Es handelt sich bei der Neurodermitis um eine chronische beziehungsweise in Schüben auftretende entzündliche Hauterkrankung, die nicht ansteckend ist. Es treten Ekzeme an typischen Stellen auf, wobei sich die Veränderungen auf ganz wenige Hautstellen beschränken oder aber das ganze Hautorgan betreffen können. Typisch ist der starke Juckreiz und die allgemeine Trockenheit der Haut. Wichtig ist zu wissen, dass die Neurodermitis, der Heuschnupfen sowie das allergische Asthma bronchiale eine gemeinsame Ursache haben und deshalb auch gehäuft gemeinsam auftreten (sog. atopische Erkrankungen).
 
Was ist die Ursache der Neurodermitis?
 
Die Neurodermitis ist erblich bedingt. Das kann man zum Beispiel daran sehen, dass bei 75% der betroffenen eineiigen Zwillinge beide betroffen sind, während dies bei zweieiigen Zwillingen nur in 23% der Fälle zutrifft. Das Risiko, daß ein Kind Neurodermitis, Heuschnupfen oder Asthma bronchiale entwickelt, ist am höchsten, wenn beide Elternteile an der gleichen atopischen Erkrankung leiden (60-80%).
Welcher Zusammenhang besteht zwischen Neurodermitis und Allergie?
Neurodermitis ist nicht gleichzusetzen mit einer Allergie. Dies zu verstehen fällt vielen Patienten angesichts der Fülle von Medienberichten über die Zunahme von Allergien schwer.
 
Es ist hilfreich, zwei Formen der Neurodermitis zu unterscheiden. Ungefähr die Hälfte aller Betroffenen entwickeln Allergien gegen Flugstoffe (z.B. Pollen) oder Nahrungsmittel. Bei der anderen Hälfte sind solche Allergien nicht nachweisbar. Dennoch entwickeln sich bei diesen “Nicht-Allergikern” die gleichen Hautveränderungen wie bei den “Allergikern”. Es ist also Aufgabe Ihres Dermatologen herauszufinden, zu welcher der beiden Gruppen Sie oder Ihr Kind gehören.
 
Wer ist von der Neurodermitis betroffen?
 
Die Erkrankung hat in den letzten Jahrzehnten erheblich zugenommen. Knapp 20% der Kinder im Alter bis 6 Jahre sind betroffen. Am häufigsten tritt die Neurodermitis in den ersten beiden Lebensjahren erstmals auf. Aber auch noch im 6. Lebensjahrzehnt kann sich die Erkrankung erstmals bemerkbar machen.
 
Welchen Verlauf nimmt die Erkrankung?
 
Der Verlauf der Erkrankung ist wechselhaft mit Krankheitsschüben unterschiedlicher Dauer und Schwere. Es treten oftmals zahlreiche Schübe auf. Spontanabheilung der Ekzeme ist jedoch jederzeit möglich. Insbesondere die Patienten, bei denen die Krankheitserscheinungen erstmals in der frühen Kindheit auftraten, erleben häufig eine Spontanabheilung. Eine wirkliche Heilung ist jedoch bei dieser erblich bedingten Hauterkrankung nicht zu erwarten. Die Ekzemanfälligkeit bleibt ein Leben lang bestehen.
 
Welche Auslösefaktoren für Ekzemschübe sind bekannt?
 
Auch wenn die Ursache der Erkrankung letztlich erblich ist, spielen zusätzliche Faktoren als Auslöser eine ganz wesentliche Rolle. Als Auslöser sind zu nennen Reizung der Haut durch falsche oder übertriebene Reinigungs- oder Pflegemaßnahmen, durch Wolle, Schwitzen, berufliche Tätigkeit in feuchtem oder verschmutztem Milieu, Tabakrauch, psychische und emotionale Belastung, bakterielle oder virale Infekte oder Wetterfaktoren. In ca. der Hälfte der Fälle spielen Allergien auf Flug- oder Nahrungsstoffe eine wichtige Rolle als Auslöser.
 
Muß ich eine Neurodermitis-Diät einhalten?
 
Prinzipiell ein entschiedenes Nein! Nahrungsmittelallergien als Auslöser von Neurodermitis-Schüben sind insgesamt selten und betreffen vor allem Säuglinge und Kleinkinder. Da jedoch gerade in diesem Alter eine ausgewogene Ernährung für den Wachstums- und Entwicklungsprozeß von zentraler Bedeutung ist, sollte jede diätetische Maßnahme mit dem Arzt besprochen werden. Solche Empfehlungen sollten nur auf der Grundlage einer gründlichen Diagnostik erfolgen. Der Nachweis einer Nahrungsmittelallergie ist Aufgabe eines erfahrenen Allergologen, ggf. in Kooperation mit einer Ernährungswissenschaftlerin. Folgen Sie also niemals allgemeinen Ratschlägen, in denen generell vor Milch, Ei, Schokolade oder Orangen gewarnt wird. Zu bedenken ist auch, dass eine im Kleinkindesalter nachgewiesene Nahrungsmittelallergie sich in den meisten Fällen im Laufe der folgenden Jahre wieder “auswächst”, so dass die betreffenden Nahrungsmittel später wieder vertragen werden.
 
Welchen Einfluß hat das Stillen auf die Entstehung von Neurodermitis?
 
Der Einfluß des Stillens auf die Entstehung der Neurodermitis wurde lange überschätzt. Sicher ist, dass ein dreimonatiges Stillen das Neurodermitis-Risiko bei den Kindern mindert, die familiär belastet sind.
 
Wie wird die Neurodermitis behandelt?
 
Die entscheidende Grundregel der Behandlung lautet: stadiengerechte Therapie. Das heißt: Es gibt erstens kein Medikament, das die Neurodermitis heilt. Es gibt zweitens nicht das Neurodermitis-Medikament, das bei jedem Hautzustand eine optimale Therapie ermöglicht. Vielmehr muß es das Ziel sein, eine am jeweiligen Hautzustand angepasste individuell bewährte Therapie konsequent durchzuführen. Die Entwicklung eines solchen Therapiekonzeptes ist mitunter aufwändig und bedarf gerade in der Anfangsphase der intensiven Zusammenarbeit mit Ihrem Hautarzt. Zur Beschreibung der drei Phasen der Erkrankung orientieren wir uns an den Ampelfarben:
Stadium Grün: Die Haut zeigt keine entzündlichen Veränderungen, ist also nicht gerötet und juckt höchstens gelegentlich. Da bei Neurodermitis-Patienten der Schutzmantel der Haut, der sog. Hydrolipidmantel aus Talg und Wasser, nur unzureichend ausgebildet wird, neigt die Haut zur Austrocknung und damit zum Juckreiz und zur Ausbildung von Ekzemen. Deshalb ist die wichtigste Maßnahme in diesem Stadium die tägliche Rückfettung der Haut von außen, am besten mit einer harnstoffhaltigen Lotion.
Stadium Gelb: Es haben sich entzündete Hautareale ausgebildet. Eine entzündungshemmende Therapie im Bereich der betroffenen Hautareale ist erforderlich. Häufig reicht in diesem Stadium eine kortisonfreie Therapie aus. Zum Beispiel kann es durch eine austrocknende Paste oder eine Creme mit Nachtkerzensamenöl gelingen, das Ekzem zum Abheilen zu bringen.
Stadium Rot: Die Haut ist an einigen Stellen oder auch großflächig stark entzündet, juckt stark, nässt. In diesem Stadium sollten kortisonhaltige Cremes oder sog. Immunmodulatoren eingesetzt werden. Zusätzlich können eine Lichttherapie mit UVB 311nm oder antibakterielle Therapien in diesem Stadium wertvolle Hilfe leisten.
Wichtig ist es, das entsprechende Stadium zu erkennen und rechtzeitig die passende Therapie einzuleiten. Ihr Hautarzt leitet Sie an, damit Sie selbst der beste Arzt für sich bzw. für Ihr Kind werden ! Vornehmliches Ziel ist es, durch konsequente rückfettende Pflege der Haut neue Ekzemschübe zu verhindern. Kommt es dennoch zum Erkrankungsschub, wird zunächst eine kortisonfreie Therapie begonnen. Sollte diese nicht ausreichend wirksam sein (Haut bleibt rot, juckt stark, neue Stellen kommen hinzu), empfehlen wir die kurzfristige Anwendung eines modernen Kortisonpräparates. In manchen Fällen empfehlen wir den Einsatz sogenannter Immunmodulatoren, die jedoch erst seit kurzem im Einsatz sind, deren Langzeiteffekte also gegenwärtig nicht sicher eingeschätzt werden können.
Beachten Sie jedoch, dass die Haut bei Neurodermitis immer behandelt werden muß ("eine Ampelfarbe gilt immer").
 
Welche Therapieformen werden in unserer Praxis durchgeführt?
 
In unserer Praxis werden alle etablierten Behandlungsformen der Neurodermitis einschließlich der UVB 311nm- bzw. UVA-Therapie angeboten. Besonderen Wert legen wir auf den kontrollierten Einsatz von Kortison, dessen Verwendung nur strategisch und in enger Kooperation mit den Betroffenen bzw. den Eltern erfolgt. Auch der Wunsch nach kortisonfreier Therapie (Link: kortisonfreie Therapie) hat bei uns seinen Ort. Wir führen auf Wunsch auch kortisonfreie Therapien der Neurodermitis durch. Neben der äußeren Therapie kommen bei uns auch die systemischen Therapieformen mit Steroiden, Ciclosporin A und Isotretinoin zum Einsatz.
 
Bei weiteren Fragen wenden Sie sich bitte an Dr. Kappesser und sein Praxisteam oder kontaktieren Sie uns über unser Kontaktformular.